Obwohl der japanische Aktienmarkt in diesem Jahr bereits langjährige Rekordhochs überschritten hat, sind wir der Meinung, dass japanische Aktien, insbesondere ausgewählte Small-Cap-Anlagen, noch mehr zu bieten haben. Der jüngste Aufschwung an den Aktienmärkten wurde durch das Gewinnwachstum und die von spezialisierten Anlegern wie Van Lanschot Kempen geförderte umfassende Reform der Unternehmensführung angetrieben. Unserer Ansicht nach müssen die größten Auswirkungen dieser laufenden Reformen erst noch voll zum Tragen kommen. Im Folgenden möchten wir unsere Beobachtungen erläutern.
In Japan gibt es mehr börsennotierte Unternehmen als in den Vereinigten Staaten, darunter ein großes Small-Cap-Universum mit interessanten Unternehmen für Investitionen. Die meisten davon werden von internationalen Anlegern übersehen, die der großen Gruppe der wenig erforschten Anlagemöglichkeiten wenig Aufmerksamkeit schenken. Weniger als die Hälfte der mehr als 3.700 Unternehmen, die an der Tokioter Börse notiert sind, werden von institutionellen Analysten verfolgt.
Dennoch hat der japanische Aktienmarkt in den letzten zehn Jahren einen kräftigen Aufschwung erlebt, der durch niedrige Anfangsbewertungen, eine verbesserte Rentabilität und einen Anstieg der Aktionärsrenditen begünstigt wurde. Wie ist es dazu gekommen? Unserer Ansicht nach liegt die Antwort vor allem in der Verbesserung der Corporate Governance, die von der japanischen Aufsichtsbehörde seit 2012 schrittweise eingeführt wurde.
So entstanden einzigartige Möglichkeiten, bei denen sich Unternehmen für die Beratung durch spezialisierte Investoren öffnen, die bereit sind, ihr globales Fachwissen und ihre bewährten Praktiken zu teilen, um den Shareholder Value zu steigern. Dies hat bereits zu positiven Ergebnissen geführt, aber das volle Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft.
Ein wenig Geschichte, oder die Frage nach dem ‚Warum’ der Reform
Japans Bevölkerung altert, und die Zahl der Arbeitskräfte nimmt rapide ab. Daher ist es für Japan eine Frage der nationalen Sicherheit, die Produktivität seines Kapitals und seiner Humanressourcen zu erhöhen. Ohne drastische Reformen könnte der derzeitige Lebensstandard nur schwer gehalten werden.
Historisch gesehen ist es charakteristisch für die japanische Unternehmensführung, sich auf die Interessen der Beteiligten zu konzentrieren, einschließlich der Mitarbeiter, der Kunden und der Gesellschaft im Allgemeinen. Dieser Ansatz förderte zwar Stabilität und Harmonie in den Unternehmen, führte aber oft zu undurchsichtigen Entscheidungsprozessen und mangelnder Rechenschaftspflicht gegenüber den Aktionären.
Darüber hinaus sind die japanischen Vorstandsetagen aufgrund kultureller und sprachlicher Barrieren teilweise vom Rest der Welt isoliert. Die Vorstandsmitglieder japanischer Unternehmen verfügen in der Regel über eine weniger gute finanzielle Bildung als in den meisten Industrieländern. Die Infrastruktur für privates Beteiligungskapital oder Risikokapital ist in Japan nicht gut entwickelt, und bis vor kurzem verstanden die meisten Unternehmen, die wir besuchten, das Konzept der Kapitalrendite nicht.
Einführung von Reformen
Die japanischen Regulierungsbehörden und politischen Entscheidungsträger haben die Situation erkannt. Sie haben sich auf den Weg der dringend notwendigen Reformen begeben, die vom verstorbenen Premierminister Abe im Jahr 2012 eingeleitet wurden, um die Standards der Unternehmensführung zu verbessern. Die Einführung des Corporate-Governance-Kodex durch die Financial Services Agency (FSA, die Aufsichtsbehörde für den Finanzsektor) im Jahr 2015 war ein wichtiger Meilenstein. Dieser freiwillige Kodex zielt darauf ab, die Transparenz, die Verantwortlichkeit und das Engagement der Aktionäre in börsennotierten Unternehmen zu fördern. Die wichtigsten Reformen betrafen die Effizienz des Vorstands und die Einbeziehung der Aktionäre.
In späteren Jahren wurden weitere Verordnungen und Leitlinien eingeführt. So hat die Tokioter Börse im Januar dieses Jahres damit begonnen, monatlich eine Liste von Unternehmen zu veröffentlichen, die speziell auf leistungsschwache Unternehmen abzielt, um die Einhaltung von Vorschriften zur Verbesserung der Kapitalallokation zu erzwingen.
Unsere Botschaft zur Corporate Governance
Als Portfoliomanager bei Van Lanschot Kempen setzen wir uns mit japanischen Unternehmen bezüglich Fragen der Corporate Governance auseinander. Als engagierte Aktionäre sehen wir es als unsere Aufgabe an, den Vorstandsmitgliedern der Unternehmen, in die wir investieren, unsere Meinung mitzuteilen. Wir wollen als Katalysator fungieren, um den Wandel zu beschleunigen: Unterstützt von Japans Reformagenda bekräftigen wir, was den Unternehmen von den Regulierungsbehörden mitgeteilt wurde, und machen Vorschläge, wie dies erreicht werden kann.
Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass an der Spitze der Unternehmen, in die wir investieren, die am besten geeigneten Führungskräfte stehen. Wir wollen gewährleisten, dass Leitlinien und Rahmenbedingungen vorhanden sind, damit „unsere“ Unternehmen nachhaltig gedeihen können. Gleichzeitig erfordert die Corporate Governance auch eine gut durchdachte Kapitalallokationspolitik und starke Aktionärsrechte.
Um die Renditen für die Aktionäre zu steigern, konzentrieren wir uns bei unserer Arbeit mit Unternehmen auf folgende Punkte:
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Zusammensetzung des Vorstands – Hervorhebung der Bedeutung unabhängiger Vorstandsmitglieder und unterschiedlicher Qualifikationen in den Verwaltungsräten von Unternehmen, um wirksame Entscheidungsfindung und Aufsicht zu ermöglichen. Wir sind davon überzeugt, dass ein unabhängiger Vorstand, der auf die Vorschläge der Aktionäre eingeht und die Risiken und Chancen in Einklang bringt, eine notwendige Voraussetzung für die Steigerung der Aktionärsrendite ist.
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Anreize und Vergütung – Eintreten für Transparenz und Ausrichtung der Vergütung von Führungskräften an der langfristigen Leistung und den Interessen der Aktionäre.
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Verbesserte Berichterstattung und Kommunikation – Schwerpunkt ist die Verbesserung der Offenlegung in englischer Sprache und die zeitnahe Veröffentlichung relevanter Informationen sowie der proaktive Dialog mit den Aktionären für ein besseres gegenseitiges Verständnis.
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Kapitalpolitik – wir streben eine umfassende Kapitalallokationspolitik an, die eine sinnvolle und nachhaltige Verbesserung der Eigenkapitalrendite beinhaltet.
Die Auswirkungen des Wandels
Japan ist bekanntlich eine traditionelle Gesellschaft, und deshalb fällt es japanischen Unternehmen schwer, sich zu verändern. Es ist verständlich, dass globale Investoren angesichts des langsamen Tempos des Wandels frustriert sein können. Die Veränderung der Führungsmentalität ist jedoch ein langsamer Prozess, da sie auf eine dauerhafte Veränderung abzielt.
Wir sind der Meinung, dass der stetige Wandel hin zu Transparenz und Rechenschaftspflicht nun einen Wendepunkt erreicht hat: Wir haben bereits festgestellt, dass die Anzahl und der Umfang der Aktienrückkäufe drastisch zugenommen haben und damit auch die Bewertungen gestiegen sind. Wie schon in der Einleitung erwähnt, sorgten die großen Leitindizes im April für Schlagzeilen, als sie ihren Höchststand von Ende Dezember 1989 übertrafen. Außerdem erkennen die Vorstandsmitglieder, dass sich ihr Handeln positiv auf den Aktienkurs des Unternehmens auswirkt, und mit diesem Bewusstsein kann der Prozess selbsttragend werden.
Was die Zukunft bringen kann
Im Einklang mit der Anlagephilosophie der Van Lanschot Kempen Global Small Cap-Strategie verfolgen wir einen disziplinierten Bottom-up-Anlageprozess, bei dem wir uns ausschließlich auf Qualitätsunternehmen konzentrieren, die zu interessanten Bewertungen gehandelt werden. In Japan sehen wir nach wie vor ein erhebliches Bewertungspotenzial, da weitere Verbesserungen der Unternehmensführung umgesetzt werden.
So sind beispielsweise Qualitätsunternehmen in Japan in der Regel überkapitalisiert und verfügen über beträchtliche Barmittel und Kreuzbeteiligungen. Wir setzen uns für höhere Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe ein, um überschüssiges Kapital effektiv einzusetzen und die Rendite für die Aktionäre zu steigern.
Die Revolution der Unternehmensführung ist ein wichtiger Meilenstein in der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Der Aufschwung Japans geht über den Aktienmarkt hinaus: Das Land erlebt einen Tourismusboom, japanische Konsumgüter gewinnen an Beliebtheit und Design und Manga sind allgegenwärtig. Japanische Marken sind zum Synonym für Qualität, hervorragende Technik, Kundenzufriedenheit und Langlebigkeit geworden.
Da Japan eine neue Ära der Transparenz und Rechenschaftspflicht einläutet, haben Anleger die Möglichkeit, sich an einem Markt zu beteiligen, der sich zunehmend an globale Standards anpasst. Wenn wir diese Veränderungen verstehen und meistern, können wir das Potenzial der langfristigen Neubewertung und Wertschöpfung nutzen, das die neu belebte Corporate-Governance-Landschaft in Japan bietet.
Follow-up of Market Restructuring | Japan Exchange Group (jpx.co.jp)